Die erfolgreiche stadtgeschichtliche Sommerausstellung „Nicht nur zur Weihnachtszeit – Aachen und die Printe“ im Centre Charlemagne hat im wahrsten Sinne des Wortes ein Nachspiel. Der stimmungsvolle zweite Teil, der ab November im Aachener Couven Museum gezeigt wird, schwenkt den Fokus auf das weihnachtliche Brauchtum, mit dem die Biedermeierzeit im frühen 19. Jahrhunderts unser schönstes Jahresfest bis heute geprägt hat.
Titelbild:
Geburt Jesu Christi im Stall zu Bethlehem, koloriertes Marzipan
Eine Leihgabe von Café van den Daele, Familie Kockartz, ohne Inv.-Nr.
© Route Charlemagne Aachen
Foto:
Der Christtag, in: Johann Michael Voltz: Zwölf Blätter Kinder-Bilder zur Unterhaltung und mündlichen Belehrung, Nürnberg o.J. [um 1823]. Nachdruck Berlin 1983,
© Städtische Sammlung Aachen, Couven Museum
Bis ins 18. Jahrhundert war Weihnachten eher ein fröhliches, lautes und öffentliches Fest, denn es markierte das Ende der adventlichen Fastenzeit, das man mit Speis und Trank ausgiebig genoss. Erst in der Epoche des Biedermeier entwickelte sich Weihnachten zu einem Fest, das man in Beschaulichkeit und Stille im engsten Familienkreis beging. Die handgeschnitzten Printenmodel und das in ihnen ausgeformte Gebäck spielten dabei eine wichtige Rolle. Mit Nikolaus, Stern und Christkind, umgeben von Ochs und Esel oder den Heiligen Drei Königen, zeigen sie uns die unverzichtbaren Festmotive, in denen das süße Gebäck für das Weihnachtsfest traditionell von den Bäckern gestaltet wurde. Zahlreich überlieferte Backrezepte und kleine Gebäckmodel zeugen aber auch von der häuslichen Backtradition, in die auch die älteren Kinder mit einbezogen waren. Zur Vorbereitung auf das Fest wurde schon im Advent in der heimischen Küche das Kleingebäck mit viel Liebe und Sorgfalt hergestellt und in größeren Mengen und vielfältigen Formen gebacken.
Fotos:
Nikolaus als Gabenbringer, Holzmodel (l.) und koloriertes Marzipan (r.)
Eine Leihgabe von Café van den Daele, Familie Kockartz, ohne Inv.-Nr.
© Route Charlemagne Aachen
Im Mittelpunkt des Festgeschehens stand die Jahr für Jahr wieder aufgestellte Familienkrippe, deren Figuren über viele Generationen weitergegeben wurden, und daneben der duftende Tannenbaum mit seinen zauberhaften Anhängseln aus Glas, Papier, Zucker und Tragant.
Foto:
Pferdekutsche, um 1890, Blech, lithografiert, Figur: Masse, Städtische Sammlung Aachen, Couven Museum.
© Route Charlemagne Aachen
Unter seiner Lichterpracht waren von der Pferdekutsche über den Puppenherd bis zur Blechkanone all die Spielzeuggeschenke ausgebreitet, denen die Kinder bereits erwartungsvoll entgegenfieberten. Hier war auch der Platz für die mythischen Gabenbringer Nikolaus, Christkind oder Weihnachtsmann, die als Kleinfiguren aus Baumzapfen, Wachs oder Pappmaché das Zimmer schmückten, wenn sie nicht sogar unter den großen Augen der Kinder leibhaftig zur Bescherung in Erscheinung traten.
Foto:
Herr Winter, aus: Münchener Bilderbogen Nr. 5, Moritz von Schwindt, 1848/49,
Mit der Darstellung „Herr Winter“ schaffte Moritz von Schwind die erste Vorlage für die Figur des Weihnachtsmannes.
© Münchener Bilderbogen Nr. 5, Inv. Nr. 2006.020; Clemens Sels Museum Neuss, Foto: Clemens Sels Museum Neuss
Die weihnachtliche Bilderwelt der populären Druckgrafik ergänzt diese Ausstellung mit ihren schönsten Beispielen. Dazu gehören die Illustrationen zu E.T.A. Hoffmanns Märchen „Nussknacker und Mäusekönig“ ebenso wie der bekannte Münchner Bilderbogen „Herr Winter“, illustriert von Moritz von Schwind.
Die Ausstellung wird begleitet von Führungen, Sonderveranstaltungen und einem reizvollen Katalogbüchlein zum Angucken, Lesen und Nachschlagen.
Kuratorin: Dilara Uygun
Das Begleitbuch zur Ausstellung ist für 8,90 € im Couven Museum erhältlich. Es ergänzt den Band „Nicht nur zur Weihnachtszeit – Aachen und die Printe“ zur Ausstellung im Centre Charlemagne im Sommer 2021, von dem noch einige Exemplare erworben werden können.